Sachsens Innenminister bringt Verbot der „Freien Sachsen“ ins Gespräch
Sie organisieren Demos und rufen dort zu politischer Gewalt auf: Die „Freien Sachsen“ werden vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Sachsens Innenminister Armin Schuster hat nun laut über ein Verbot der Partei nachgedacht.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) hat ein mögliches Verbot der rechtsextremen Partei „Freie Sachsen“ ins Gespräch gebracht. In einem Interview mit „Sachsen Fernsehen“ warf er der Kleinpartei eine „Widerlichkeit der Aussagen“ vor und sagte, sie würde ein „abscheuliches Bedrohungsszenario“ schaffen. „Ob sie mit ihrer extremistischen Grundhaltung auch noch einen Schritt weitergehen, also aktiv kämpferisch die Demokratiefesten dieses Landes angreifen, das schauen wir uns sehr genau an“, sagte Schuster. Gefragt, ob er die Partei verbieten wolle, sagte der Minister, „dass man über Parteiverbote nicht spricht, bevor man sie getan hat“.
Die „Freien Sachsen“ wurden im Herbst 2021 als Partei gegründet, haben eigenen Angaben nach rund 1000 Mitglieder und werden von Sachsens Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Sie traten unter anderem 2022 zu den Landratswahlen im Freistaat an und sind abseits dessen vor allem Organisator von Protesten, etwa gegen die staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen oder gegen die Flüchtlingspolitik. Ihre Mitglieder rufen dabei regelmäßig zu politischer Gewalt auf, fordern die Verhaftung von Politikern und den Austritt Sachsens aus der Bundesrepublik. Parteichef ist der Chemnitzer Neonazi Martin Kohlmann, andere Mitglieder gehören gleichzeitig auch der NPD an, die sich inzwischen „Die Heimat“ nennt.
Hohe Hürden für Parteiverbote
Für Parteienverbote gibt es rechtlich hohe Hürden, die Verfahren sind langwierig. Die Feststellung, dass sich das Programm einer Partei gegen die Demokratie richtet, reicht nicht aus. Ein Verbot der rechtsextremen NPD scheiterte 2017 unter anderem an der politischen Bedeutungslosigkeit der Partei. Die Verfassungsrichter in Karlsruhe urteilten, für ein Verbot müsse es zumindest möglich erscheinen, dass eine Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch umsetzen kann.
Lange stand im Raum, dass es ich bei den „Freien Sachsen“ um eine Scheinpartei handeln könne. Die Behauptung, eine Partei zu sein – also rechtlich besonders geschützt – könnte demnach nur Taktik sein. In den 1990er-Jahren gab es Fälle, in denen das Bundesverfassungsgericht entsprechend geurteilt hatte und Parteien nach Vereinsrecht verboten worden waren.
Verbot über das Vereinsrecht möglich?
Während über ein Parteiverbot gerichtlich entschieden werden müsste, könnte das Sächsische Innenministerium über ein Verbot der „Freien Sachsen“ nach dem Vereinsrecht selbst entscheiden. Eine Anfrage dazu, ob es solcherlei Überlegungen gibt, ließ das Innenministerium offen. Ein Sprecher verwieß auf die Beobachtung der „Freien Sachsen“ durch den Verfassungsschutz und sagte: Es sei Aufgabe des Ministeriums, „im Sinne der wehrhaften Demokratie Bewertungen zum Umgang mit erwiesenen rechtsextremistischen Bestrebung anzustellen“.
Valentin Lippmann ist rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag. Ihm zufolge spreche bei den „Freien Sachsen“ immer mehr dafür, dass sie „die notwendigen Eigenschaften erfüllen, um unbestritten als Partei zu gelten.“ Er ist dennoch dafür, dass sich das Innenministerium die organisatorische Verfasstheit der „Freien Sachsen“ immer wieder genau anschaut. Grundsätzlich zeigte Lippmann sich aber skeptisch, ob Parteiverbote eine Lösung seien. „Die Anhänger verschwinden dadurch ja nicht einfach.“
„Freie Sachsen“ wollen ein Verbot verbieten lassen
Innenminister Schuster begründete seine Kritik an den „Freien Sachsen“ im „Sachsen Fernsehen“ unter anderem damit, dass sie ein Klima schafften für Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte und mit den von der Partei organisierten Protesten gegen Kommunal- und Landespolitiker. Dadurch würde ein Bedrohungsszenario aufgebaut. Zuletzt war eine von der Partei organisierte Demo in Richtung der Privatwohnung von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gezogen.
Die „Freien Sachsen“ reagierten empört auf Schusters Äußerungen. Einer Mitteilung zufolge interpretieren sie die Worte des Innenministers so, dass ihre Partei vereinsrechtlich verboten werden soll. Gegen diese Lesart – Verein statt Partei – wehren sich die „Freien Sachsen“. Sie haben einen Eilantrag beim Sächsischen Verfassungsgerichtshof eingereicht und fordern, dass die Richterinnen und Richter der Landesregierung ein Verbot verbieten. Der Verfassungsgerichtshof bestätigte auf Nachfrage, dass ein entsprechender Eilantrag der Partei vorliegt.